Das Zukunftsvorhaben kurz und knapp erklärt

Foto: Visualisierung: LEAG (GigawattFactory), www.leag.de

Net Zero: Das Wirtschaftsthema

Wohlstand und Zukunft sind weltweit mit grüner Energie und Industrie verbunden. Klimafreundliche Technologien dominieren seit Jahren bedeutende Zukunftsmärkte. Investitionen in erneuerbare Energie, alternative Antriebe oder saubere Industrieprozesse betrugen 2023 weltweit rund 1,6 Billionen Euro – und haben sich in den letzten drei Jahren fast verdoppelt. Allein der Weltmarkt für wichtige Serientechnologien für saubere Energie wird sich bis 2030 verdreifachen. Das rasante Wachstum klimafreundlicher Technologien mindert nicht nur Treibhausgasemissionen, es wird insbesondere von ihrer exponentiell steigenden Wirtschaftlichkeit getrieben. Binnen zehn Jahren sind Kosten bei erneuerbarer Energie aus Windkraft um 78% und aus Solarkraft sowie Batteriespeichern um je 80% gesunken. Es geht aber nicht nur um Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz – sondern auch um Unabhängigkeit. Sind Europa heute zu 63% und Deutschland zu 69% von Energieimporten abhängig, kann und soll Europa durch grüne Technologien und Industrien autark werden.

Net Zero Industry Act & Valley

Dazu hat die EU 2019 den European Green Deal ausgerufen und will als erster Kontinent bis 2050 Klimaneutralität erreichen. In der Folge haben sich die führenden Industrienationen– die USA mit dem Inflation Reduction Act, Japan mit dem Green Transformation Paket und China mit der Made in China 2025 Strategie – mit multimilliardenschweren industriepolitischen Initiativen bedeutende Vorteile im globalen Wettbewerb um grüne Zukunftstechnologien geschaffen. Nun zieht die EU mit dem Net Zero Industry Act (NZIA) nach und bekennt sich erstmals zu aktiver Industriepolitik. Das Gesetz definiert Schlüsseltechnologien – sogenannte Netto-Null-Technologien. Die insgesamt 19 Technologien reichen von Produktion für Solar- und Windkraft über Batterietechnologien und Wasserstoff bis zur CO2-Speicherung. So soll die Binnennachfrage der EU in diesen strategisch wichtigen Zukunftstechnologien bis 2030 zu mindestens 40 Prozent aus eigener Produktion gedeckt werden. Das erfordert den massiven Aus- und Aufbau von grünen Produktionsstatten und damit verbundenen Wertschöpfungsketten in Europa. Die Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsprozessen, das Ankurbeln von Investitionen und Finanzierungen in klimafreundliche Produktion in Europa, die Forderung von Kompetenzen und die Reduktion der Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen sollen das ermöglichen. Das Gesetz erlaubt den EU-Mitgliedsstaaten, in spezifischen geografischen Gebieten industrielle Aktivitäten im Zusammenhang mit einer oder mehreren Netto-Nulltechnologien besonders zu fordern. Übergangs- bzw. Kohleregionen wie die Lausitz werden dafür explizit empfohlen. Net Zero Valleys beschleunigen Verwaltungsprozesse, bündeln Forderungen, ermöglichen Innovationen und sichern Fach- und Arbeitskräfte. So entstehen Zukunftsregionen, die besonders vom rasanten Wachstum der Wertschöpfung in grüner Energie und Industrie und ihrer Neuverteilung in Europa profitieren können. Es sind Quasi-Sonderwirtschaftszonen mit vielfaltigen Vorteilen. Wirtschaft und Bevölkerung profitieren langfristig von Wohlstand durch Zukunftsindustrie, gute Jobs, zukunftssichere Aus- und Weiterbildung sowie eine digitalisierte und beschleunigte Verwaltung.

Net Zero Valley Lausitz

Die Lausitz hat EU-weit einen besonderen Stellenwert unter den 41 Kohleregionen Europas. Hier wird die Transformation bereits mit 17 Milliarden Euro staatlicher Strukturhilfen unterstutzt. Rund 20 Milliarden angekündigter Privatinvestitionen fließen in der Lausitz fast ausschließlich in Netto-Null-Technologien. So entstehen in der Lausitz Europas erste Lithium-Raffinerie, Deutschlands größtes Zentrum erneuerbarer Energieerzeugung an Land und Deutschlands größter Batteriepark. Vor allem verfugt sie durch den Strukturwandel über gute Netzwerke in der Region – und über einen guten Draht nach Brüssel. Durch Brandenburgs EU-Abgeordneten Dr. Christian Ehler, der für den NZIA zuständig war und als Ideengeber der Net Zero Valleys gilt, war die Lausitz frühzeitig im Bild. Die Wirtschaft hat sich zuerst auf den Weg gemacht, den Kommunen bei der Bewerbung in Brüssel den Vortritt gelassen und dann im Schulterschluss mit Kommunen und Landkreisen einen breit angelegten Beteiligungsprozess gestartet. Im Ergebnis hat die Lausitz sich als erste Region Europas sowohl in Brüssel als auch beim Bund und den Ländern um ein gemeinsames, länderübergreifendes Net Zero Valley in der Lausitz beworben und einen europaweit einzigartigen Beteiligungsprozess konzipiert. Die im ersten Schritt daraus resultierende Bewerbung wird im November überreicht wird. Die Entscheidung über ein künftiges Net Zero Valley Lausitz wird bis zum Jahresende 2024 erwartet.